Brasilien in der Stadt?

Bei der Recherche für meine neue Tour war ich unterwegs zu einem Interviewtermin mitten im Industriegebiet auf der Zwickauer Straße. Die Adresse war schnell gefunden. Weil riesige Hunde das Gelände bewachten, blieb ich auf der Straße stehen und wartete auf meinen Interviewpartner. Plötzlich höre ich eine lautes krächzen von Papageien. Das klingt, wie in Brasilien, war mein erster Gedanke. Brasilien, im Industriegebiet?

Durch die Hecke des Nachbargrundstückes musterten mich zwei weiße Kakadus. Ich schaute verdattert zurück. Neugierig bog ich um die Ecke auf das Grundstück. Riesige Vogelvolieren und ein großes Vogelhaus kamen zum Vorschein. Das Firmengelände gehört dem Fischbrater Hein Mück. Die Braterei verbinde ich mit Fertigprodukten, Kartoffelbrei aus der Tüte, übersäuertem Fisch und Gummibrötchen auf Dresdner Märkten und Festivals, also eher sehr mäßiger Fischbrötchenqualität.

Andre Rütz, der Inhaber der Hein Mück Group, rettet vernachlässigte Papageien. Ich staune. Sie stammen aus nicht artegerechten Haltungen, meist privater Besitzer. Aras sind Gruppentiere. Oft wurden sie allein gehalten und haben Verhaltensstörungen entwickelt oder wurden mißhandelt.

Welches Schicksal steckt wohl hinter den beiden Blauaras am Eingang? Ich denke sofort an den Kinderfilm "Rio" mit dem neurotischen Ara Blu. Gleich habe ich Sambarhythmen im Ohr. Lauter rote, gelbe oder weiße Vögel machen einen Lärm, wie in Brasilien auf den Straßenbäumen. Dort leben sie, wie bei uns die Spatzen, mitten in der Stadt.

In den geräumigen Volieren tummeln sich ca. 15 Tiere, klettern und krächzen munter herum. Offenbar geht es ihnen gut. Eine kleine Spendenbox vor der Voliere klärt über das Projekt auf und lädt zu Beteiligungen an den Futter- und Tierarztkosten ein.

Meinen eigentlichen Interviewtermin habe ich fast vergessen. Die Inhalte dieses Gesprächs, werden erstmals im November präsentiert, bei der neuen Stadtführung zu "Lili Elbe" und das schwul-lesbische Leben in Dresden.